Die erste Woche zuhause nach einer radikalen Prostatektomie fühlt sich für mich wie ein zartes Gleichgewicht zwischen Erleichterung und Vorsicht an. Die großen Schritte in Richtung Heilung sind getan — der Tumor ist entfernt — aber der Körper braucht Zeit, Pflege und Geduld. In den folgenden Abschnitten teile ich ganz konkret, was mich in dieser ersten Woche erwartete, welche Herausforderungen auftauchten und welche kleinen Dinge den Alltag deutlich leichter machten.

Die ersten Stunden nach der Entlassung

Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war ich froh, wieder in meiner gewohnten Umgebung zu sein. Gleichzeitig war ich überrascht, wie schnell kleine Einschränkungen den Tagesablauf dominieren. Ich hatte einen Blasenkatheter (Foley-Katheter), an dem ein Urinbeutel hing, und eine Drainage war noch entfernt worden. Das sichere Handling dieser Hilfsmittel war anfangs ungewohnt.

Wichtig für mich: vor der Entlassung genau erklären lassen, wie der Katheter zu befestigen ist, wie oft ich den Urinbeutel leeren muss und welche Warnzeichen es gibt (z. B. Blut im Urin, Fieber, starke Schmerzen). Diese Informationen geben Sicherheit und reduzieren die Angst vor dem ersten Abend zuhause.

Schmerzmanagement und Medikamente

Schmerzen waren vorhanden, aber mit Tabletten gut kontrollierbar. Ich bekam ein schmerztherapeutisches Schema mitgegeben — in der Regel eine Kombination aus Paracetamol oder Ibuprofen und bei Bedarf stärkere Schmerzmittel. Wichtig war für mich, die Medikation regelmäßig einzunehmen und nicht erst, wenn der Schmerz bereits sehr stark war.

  • Schmerzmittel wie verordnet einnehmen, auch prophylaktisch vor Aktivität.
  • Verstopfung vorbeugen: Opioide können die Darmtätigkeit hemmen. Ballaststoffreiche Ernährung, ausreichend Flüssigkeit und bei Bedarf mildes Abführmittel (auf ärztlichen Rat) halfen mir.
  • Wundschmerz: Sanfte Bewegungen, Atemtechniken und Wärme (nach Absprache mit dem Arzt) lindern oft.

Mobilität und Alltag: Was kann ich und was nicht?

Mein Körper brauchte Bewegung, aber keine Überforderung. Der Rat war klar: leichte Spaziergänge mehrmals täglich sind wichtig für die Durchblutung, Atmung und Vorbeugung von Thrombosen. Heben schwerer Lasten (meist über 5–10 kg), intensiver Sport und starke Rumpdrehungen sollten vermieden werden.

Ein typischer Tagesablauf in meiner ersten Woche sah so aus:

Uhrzeit Aktivität
08:00 Leichter Spaziergang (10–15 Minuten), Medikamenteneinnahme
10:30 Kurze Ruhephase, Atemübungen
13:00 Leichte Hausarbeit / kleine Bewegungsübungen
16:00 Spaziergang (15–20 Minuten), Sitzen vermeiden
20:00 Wärme (z. B. Wärmflasche) und Entspannung

Katheter, Drainage und Wundpflege

Der Katheter war mein ständiger Begleiter in der ersten Woche. Ich befestigte ihn am Oberschenkel und trug den Urinbeutel nachts am Bett. Das gab mir Bewegungsfreiheit und nahm Sorge vor Zug am Harnröhrenbereich.

  • Hygiene: Hände gründlich waschen, Anschlussstellen nicht unnötig berühren.
  • Beutelentleerung: Mindestens alle 6–8 Stunden oder bei Volllaufen entleeren. Saubere Messbecher verwenden und die Öffnung nicht berühren.
  • Wundkontrolle: Die Einschnittstelle täglich kontrollieren: kein starkes Nachbluten, keine Eiterbildung, keine Rötung, die sich ausbreitet.

Bei mir half es, eine kleine Tasche oder einen Bauchgurt für den Beutel zu nutzen (z. B. ein spezieller Katheterhalter), damit ich mich beim Gehen sicherer fühlte. In Apotheken gibt es geeignete Hilfsmittel wie ComfyCatheter-Halter oder diskrete Kathetertaschen.

Blasenkontrolle und Beckenbodentraining

Ein großes Thema ist die Kontinenz. Schon während der Krankenhausaufenthalte wurde mir Beckenbodentraining gezeigt — einfache Anspannungs- und Entspannungsübungen, die ich zuhause fortsetzte. Die ersten Tage waren geprägt von kleinen „Unfällen“ und der Gewöhnung an neue Signale meines Körpers.

  • Ich begann mit kurzen, häufigen Anspannungen: 3 Sätze zu je 10 Kontraktionen, mehrmals täglich.
  • Wichtig war für mich, während des Hustens, Hebens oder Aufstehens die Beckenbodenmuskulatur bewusst anzuspannen.
  • Urogenitale Physiotherapie: Schon in Woche 1 vereinbarte ich einen Termin bei einer Physiotherapeutin, die auf Inkontinenz spezialisiert ist.

Ernährung und Flüssigkeitszufuhr

Achte auf regelmäßige, leicht verdauliche Mahlzeiten. Ballaststoffe sind hilfreich gegen Verstopfung, die durch Schmerzmittel verstärkt werden kann. Ich integrierte Haferflocken, Gemüse, Obst und ausreichend Wasser (mindestens 1,5–2 Liter pro Tag, sofern vom Arzt erlaubt).

Extra-Tipp: Ein lauwarmer Kamillentee am Abend empfand ich als beruhigend und magenfreundlich. Natürliche Präparate wie Flohsamenschalen (auf ärztlichen Rat) können bei der Verdauung unterstützen.

Emotionen, Schlaf und Partnerschaft

Die erste Woche war emotional intensiver, als ich erwartet hatte. Erleichterung mischte sich mit Traurigkeit, Frustration und Ängsten um die Zukunft (z. B. sexuelle Funktion, Kontinenz). Ich sprach offen mit meiner Partnerin, und das half enorm. Kleine Gesten der Nähe — gemeinsame Ruhephasen, Händchenhalten, verständnisvolle Gespräche — gaben mir Kraft.

Schlaf war oft fragmentiert: nächtliches Aufstehen zum Beutelentleeren, Schmerzen oder Unruhe. Ich richtete mir eine gemütliche Schlafumgebung ein, mit erhöhtem Oberkörper, damit ich bequem liegen konnte, und nutzte Ohrstöpsel, wenn nötig.

Warnzeichen und wann ich den Arzt rufe

Obwohl viele Beschwerden normal sind, gab es klare Situationen, in denen ich sofort meinen behandelnden Arzt oder den Bereitschaftsdienst informierte:

  • Fieber über 38°C
  • Starke, neu auftretende Schmerzen trotz Schmerzmittel
  • Stark blutiger Urin oder plötzlicher Stillstand der Urinproduktion am Katheter
  • Starke Rötung, Schwellung oder eitriger Ausfluss an der Wunde
  • Kurzatmigkeit, Brustschmerzen oder Schwellungen in den Beinen (Verdacht auf Thrombose/Embolie)

Praktische Hilfsmittel, die mir geholfen haben

  • Kathetertasche / Oberschenkelhalter
  • Kompressionsstrümpfe (bei Thromboseprophylaxe empfohlen)
  • Wärmeflasche für lokale Entspannung
  • Bequeme, locker sitzende Kleidung mit Elastikbund
  • Feuchte Toilettentücher für sanfte Intimpflege

Nachsorge und Termine

In Woche 1 klärte ich bereits den ersten Nachsorgetermin (in der Regel nach 1–2 Wochen) und die geplante Katheterentfernung. Es ist wichtig, diese Termine im Kalender zu haben und Fragen aufzuschreiben: Wie verläuft die Wundheilung? Wann beginnt gezielte Kontinenztherapie? Welche weiteren Untersuchungen (z. B. PSA-Kontrollen) sind geplant?

Falls Sie mehr praktische Checklisten, einen Muster-Entlassungsplan oder Links zu Selbsthilfegruppen suchen, finden Sie auf https://www.as-bei-prostatakrebs.de zusätzliche Ressourcen und Erfahrungsberichte von Betroffenen. Der Austausch mit anderen hat mir oft Mut gemacht und konkrete Tipps geliefert.