Nach einer Prostatakrebs‑Behandlung stand für mich – wie für viele Betroffene – sehr bald die Frage im Raum: Wie kehre ich an meinen Arbeitsplatz zurück, und ist eine reduzierte Arbeitszeit möglich? Diese Phase ist emotional und organisatorisch herausfordernd. Ich möchte Ihnen aus meiner Erfahrung und Recherche konkrete, praxisnahe Hinweise geben, wie Sie die Rückkehr verhandeln können, welche Rechte es gibt und welche Schritte oft hilfreich sind.

Erst zuhören, dann planen: Mein erstes Gespräch mit dem Arbeitgeber

Bei mir begann alles mit einem offenen Gespräch. Ich habe meinem Vorgesetzten kurz erklärt, dass ich zurückkehren möchte, aber noch nicht voll belastbar bin. Wichtig war, dass ich nicht gleich mit medizinischen Details überfrachtet habe, sondern meine momentane Leistungsfähigkeit und Erwartungen klar benannt habe. Das erleichtert das gemeinsame Planen.

Tipps für dieses erste Gespräch:

  • Vereinbaren Sie einen Termin in ruhiger Atmosphäre, nicht zwischen Tür und Angel.
  • Bereiten Sie sich vor: Welche Arbeitszeiten sind denkbar, welche Aufgaben eher nicht?
  • Bringen Sie – wenn vorhanden – eine ärztliche Einschätzung mit (nicht zwingend der vollständige Befund).
  • Optionen, die Sie verhandeln können

    Es gibt verschiedene Modelle, die eine stufenweise oder dauerhafte Reduktion der Arbeitszeit ermöglichen. Folgendes habe ich als hilfreiche Übersicht zusammengestellt:

    Modell Was bedeutet das? Vor‑ & Nachteile
    Hamburger Modell (stufenweise Wiedereingliederung) Beginn mit wenigen Stunden pro Tag, schrittweise Steigerung Schonend, medizinisch begleitet; dauert mehrere Wochen, Zustimmung der Krankenkasse nötig
    Teilzeit Reduzierung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit Langfristig stabil; mögliche Einkommenseinbußen
    Homeoffice / mobile Arbeit Arbeit von zu Hause, reduziert Pendelstress Flexibel; nicht für alle Tätigkeiten möglich
    Tätigkeitsanpassung Aufgaben ändern, z. B. weniger körperliche Belastung Schützt die Gesundheit; kann Karrierechancen beeinflussen

    Medizinische Dokumente und die Rolle der Krankenkasse

    Ich habe gelernt: Ärztliche Stellungnahmen sind wichtig, aber oft reicht eine kurze Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht aus, um langfristige Anpassungen zu verhandeln. Für das Hamburger Modell benötigen Sie eine Empfehlung Ihres behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin und die Zustimmung der Krankenkasse. Die Krankenkasse prüft, ob eine stufenweise Wiedereingliederung medizinisch sinnvoll ist und übernimmt in der Regel die Lohnfortzahlung während dieser Zeit.

    Wenn Sie unsicher sind, rufen Sie frühzeitig bei Ihrer Krankenkasse an – dort gibt es oft spezialisierte Ansprechpartner für Reha und berufliche Wiedereingliederung.

    Rechtliche Instrumente: Was Sie wissen sollten

    Als Basis können folgende rechtliche Aspekte relevant werden:

  • Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG): Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit unter bestimmten Bedingungen.
  • Schwerbehindertenrecht / Gleichstellungsantrag: Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 haben Beschäftigte besonderen Kündigungsschutz und Anspruch auf Zusatzleistungen. Bereits ein GdB von 30 kann Erleichterungen bringen.
  • SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. Reha, Hilfen zur Arbeitsplatzausstattung).
  • Ich habe empfohlen, sich beim Betriebsrat oder bei der Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen beraten zu lassen. Diese Stellen kennen oft praktische Vereinbarungen und können in Verhandlungen unterstützen.

    Wie ich meine Bedürfnisse klar benannt habe

    Als ich verhandelte, half es mir, konkrete Vorschläge zu machen statt nur Probleme zu schildern. Beispielsweise habe ich angeboten, montags und freitags halbtags zu arbeiten und an den anderen Tagen im Homeoffice zu sein. So konnten wir schnell prüfen, ob die Teamaufgaben abgedeckt sind.

    Formulierungen, die mir geholfen haben:

  • „Ich kann derzeit X Stunden pro Woche leisten; ich schlage vor, mit X Stunden zu beginnen und das in vier Wochen zu evaluieren.“
  • „Können wir eine stufenweise Eingliederung (Hamburger Modell) vereinbaren?“
  • „Ich benötige eine temporäre Tätigkeitsanpassung, z. B. keine Außentermine in den ersten drei Monaten.“
  • Verhandlungen mit Empathie — aber auch mit Klarheit

    Ein Arbeitgeber möchte in der Regel, dass seine Mitarbeiter zurückkehren, wenn es möglich ist. Gleichzeitig müssen betriebliche Bedürfnisse berücksichtigt werden. In meinen Verhandlungen habe ich immer wieder betont, dass eine realistische, nachhaltige Rückkehr besser ist als ein zu früher Vollzeiteinstieg, der zu Rückschlägen führen könnte.

    Wenn Ihr Arbeitgeber zögert, fragen Sie nach Alternativen: Kann eine Kollegin oder ein Kollege für Übergangsaufgaben einspringen? Gibt es eine befristete Vertretung? Solche Lösungen reduzieren den Druck auf beide Seiten.

    Praktische Hilfen und Unterstützungsangebote

    Folgende Anlaufstellen und Maßnahmen fand ich besonders hilfreich:

  • Betriebsarzt: Gesundheitschecks, Beurteilungen zur Belastbarkeit und Vermittlung von Reha‑Maßnahmen.
  • Betriebsrat / Personalrat: Unterstützung bei Gesprächen mit der Geschäftsleitung.
  • Integrationsamt (bei Schwerbehinderung): Zuschüsse und technische Hilfen.
  • Rentenversicherung: Reha‑Leistungen, die auch berufliche Wiedereingliederung fördern.
  • Beratungsstellen für Krebspatienten: Sie bieten oft kostenlose Sozialberatung und Begleitung.
  • Finanzielle Aspekte offen ansprechen

    Reduzierte Arbeitszeit bedeutet oft weniger Einkommen. Sprechen Sie das offen an: Kann Kurzarbeit, Teilhabe am Gestaltungsspielraum von Homeoffice oder eine Übergangsregelung mit teilweiser Lohnfortzahlung vereinbart werden? In meinem Fall haben wir eine Kombination gefunden: reduzierte Stunden plus flexible Homeoffice‑Regelung, bis mein Arzt grünes Licht für die volle Belastung gab.

    Wie Sie das Gespräch dokumentieren

    Schreiben Sie nach dem Gespräch eine kurze E‑Mail an Ihren Arbeitgeber mit den vereinbarten Punkten. Das schafft Klarheit und vermeidet Missverständnisse. Ich habe mir außerdem regelmäßige Review‑Termine alle zwei bis vier Wochen vorschlagen lassen, um die Belastbarkeit zu bewerten und Anpassungen vorzunehmen.

    Persönliche Erfahrungen: Was ich gelernt habe

    Mir hat geholfen, Geduld mit mir selbst zu haben und realistisch zu sein. Die Rückkehr ist ein Prozess, kein Schalter. Unterstützung anzunehmen – sei es durch den Betriebsarzt, durch Kolleginnen und Kollegen oder durch professionelle Beratungsangebote – hat mir Sicherheit gegeben.

    Wenn Sie möchten, können Sie Ihre Situation auch anonym in einer Selbsthilfegruppe oder einem Forum schildern, um zu erfahren, wie andere mit ähnlichen Verhandlungen umgegangen sind. Manchmal sind konkrete Formulierungsvorschläge aus solchen Gruppen sehr hilfreich.

    Wenn Sie konkrete Fragen zu Ihrem Fall haben, verlinke ich auf meinem Blog weitere Artikel und Checklisten – oder Sie nutzen das Kontaktformular auf https://www.as-bei-prostatakrebs.de, um mir Ihre Erfahrungen oder Themenwünsche zu schicken.