Als jemand, die diesen Weg aus nächster Nähe erlebt hat, weiß ich, wie überwältigend die Entscheidung zwischen Strahlentherapie und Operation sein kann. In unserem Umfeld wird schnell gefragt: „Was würdest du tun?“ – und genau diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt, als ein Familienmitglied diagnostiziert wurde. Ich schreibe hier aus persönlicher Sicht, kombiniert mit evidenzbasierten Fakten und der Erfahrung, wie wichtig verständliche Informationen für eine fundierte Entscheidung sind.

Worauf kommt es wirklich an?

Die wichtigste Erkenntnis war: Es gibt nicht die eine richtige Therapie für alle. Die Wahl hängt von mehreren Faktoren ab, die man gemeinsam mit dem behandelnden Team abwägen sollte. Zu den Schlüsselkriterien zählen:

  • Alter und allgemeiner Gesundheitszustand
  • Tumorstadium, PSA-Wert und Gleason-Score
  • Lebensqualitätserwartungen und Prioritäten (z. B. Erhalt der Potenz, Kontinenz, schnelle Rückkehr zur Alltagsaktivität)
  • Risiko-Nutzen-Abwägung bei möglichen Nebenwirkungen
  • Verfügbarkeit spezieller Techniken und Expertise am Behandlungsort
  • Operationstherapie: Was bedeutet das praktisch?

    Bei einer radikalen Prostatektomie wird die Prostata operativ entfernt. Heute werden häufig minimalinvasive Verfahren wie die roboterassistierte Operation mit dem Da Vinci-System eingesetzt, aber es gibt auch offene und laparoskopische Verfahren.

    Worauf ich geachtet habe und empfehle zu fragen:

  • Erfahrung des Chirurgen (Anzahl ähnlicher Eingriffe pro Jahr)
  • Ist eine Nerven-schonende Technik möglich?
  • Erwartete Dauer der Klinikaufenthalts und Reha
  • Risiken von Blutungen, Infekten und Nachoperationen
  • Typische Nebenwirkungen der Operation sind:

  • Harninkontinenz (kurzfristig häufiger, langfristig abhängig von Technik und Training)
  • Erektile Dysfunktion (Risiko steigt mit Alter und abhängig davon, ob Nerven geschont werden)
  • Chirurgische Komplikationen (selten, aber relevant)
  • Vorteile sind die unmittelbare Entfernung des Tumors und die genaue histologische Beurteilung des entfernten Gewebes. Bei lokal begrenztem Krebs kann die Operation kurativ sein.

    Strahlentherapie: Welche Optionen gibt es?

    Die Strahlentherapie umfasst verschiedene Methoden: externe Bestrahlung (z. B. IMRT, VMAT mit Geräten von Herstellern wie Varian oder Elekta) und die Brachytherapie (Einbringen radioaktiver Seeds direkt in die Prostata).

    Was ich in Gesprächen mit Onkologen gelernt habe, sind wichtige Fragen:

  • Wie viele Sitzungen sind nötig und wie lange dauert die Therapie?
  • Gibt es begleitende Hormonsuppression und wie lange?
  • Welche modernen Techniken werden angewendet (IGRT, IMRT)?
  • Häufige Nebenwirkungen sind:

  • Rektale Beschwerden (Durchfall, Blut im Stuhl) oder Reizungen
  • Harnwegsbeschwerden (häufig während und kurz nach der Therapie)
  • Erektile Dysfunktion (oft langsam einsetzend über Monate bis Jahre)
  • Langzeitrisiken wie Strahlenproktitis oder -zystitis (selten)
  • Vorteile sind oft die bessere Erhaltung der Kontinenz direkt nach der Behandlung und die Vermeidung einer Operation. Die Strahlentherapie ist besonders bei Patienten mit höherem Operationsrisiko oder bei Wunsch nach organerhaltender Therapie eine gut etablierte Option.

    Vergleichstabelle: Operation vs. Strahlentherapie

    Operation Strahlentherapie
    Kurativ bei lokalem Tumor Ja (sofern komplett entfernt) Ja (bei geeigneten Fällen)
    Kontinenz direkt nach Therapie anfänglich oft beeinträchtigt häufig besser unmittelbar nach Behandlung
    Erektile Funktion hohes Risiko, abhängig von Nervenerhalt Risiko vorhanden, oft langsameres Einsetzen
    Erforderliche Zeit/Betreuung OP + stationäre Zeit + Reha mehrere Sitzungen, ambulant
    Nachweis des entfernten Gewebes vollständig möglich (Histologie) nicht möglich

    Was die Studienlage sagt

    In vielen Beobachtungsstudien zeigen Operation und moderne Strahlentherapie für lokal begrenzte Tumore vergleichbare langfristige Überlebensraten. Unterschiede zeigen sich häufiger in Nebenwirkungsprofilen und Lebensqualitätsaspekten. Deshalb ist es so wichtig, persönliche Präferenzen in die Entscheidung mit einzubeziehen.

    Praktische Schritte zur Entscheidungsfindung

    Ich habe mir einen schrittweisen Fahrplan zurechtgelegt, der mir geholfen hat, Ruhe in die Gespräche zu bringen:

  • Lass dir alle relevanten Befunde schriftlich geben (PSA-Verlauf, Biopsiebericht, Bildgebung).
  • Hole eine multidisziplinäre Meinung ein: Urologe, Radioonkologe und ggf. ein Onkologe im Tumorboard.
  • Hol eine zweite Meinung ein — das ist normal und wird oft empfohlen.
  • Schreibe deine Prioritäten auf: Was ist dir am wichtigsten (Kontinenz, Potenz, schnelle Genesung)?
  • Sprich mit Betroffenen: Selbsthilfegruppen oder Foren (z. B. lokale PROSTATA-Gruppen) können wertvolle Einblicke geben.
  • Leichte Schritte für den Alltag vor und nach der Entscheidung

    Unabhängig von der Wahl gibt es Dinge, die du tun kannst, um dich vorzubereiten und die Erholung zu unterstützen:

  • Bewege dich regelmäßig (angepasst an Fitnesslevel), um Komplikationen zu reduzieren.
  • Ernähre dich ausgewogen; bei Bedarf mit Ernährungsberatung (z. B. Reha-Programme).
  • Beckenbodenübungen schon vor der OP beginnen — das kann die Rückkehr der Kontinenz unterstützen.
  • Sprich frühzeitig über Sexualität und mögliche Hilfsmittel (Medikamente wie PDE5-Hemmer, Vakuumpumpen, Injektionen oder Penile Implantate).
  • Fragen, die du deinem Arzt stellen solltest

  • Warum empfehlen Sie diese Therapie für meinen speziellen Befund?
  • Welche Risiko- und Nutzenprofile erwarten Sie persönlich bei mir?
  • Wie viele solcher Eingriffe/Behandlungen führen Sie bzw. das Zentrum pro Jahr durch?
  • Welche Nebenwirkungen sind kurzfristig und welche langfristig zu erwarten?
  • Welche Rehabilitations- und Unterstützungsangebote gibt es im Anschluss?
  • Ich habe erlebt, wie befreiend es war, die Entscheidung nicht alleine treffen zu müssen, sondern mit einem Team, das erklärt, zuhört und realistisches Feedback gibt. Wenn Sie möchten, können Sie mir auf dem Blog schreiben — ich sammle gerne Fragen und Erfahrungsberichte, um weitere Praxis-Tipps und Anleitungen bereitzustellen.

    Hinweis: Dieser Text ersetzt keine medizinische Beratung. Für individuelle Entscheidungen sollten Sie mit Ihrem behandelnden Ärzteteam sprechen und ggf. eine zweite Meinung einholen.